Karin Kricsfalussy textfan.de
  • Gepostet am 20. Oktober 2020

Findelgefühl

Ich hatte
gar nicht bemerkt,
dass Du genau vor mir lagst.
Du warst so klein.
Ich hoffe,
ich bin nicht schon zu sehr auf
Dir herumgetrampelt.
Und als ich
über dich stolperte,
warst Du auch erst einmal nur
ein Hindernis.
Doch Du bliebst und
wurdest größer,
bis ich Dich annahm und
Dir einen Namen gab
(Manisha Crump-Otten)

Es gibt eine Frau in Bergisch Gladbach, die schreibt Gedichte. Kleine Gedichte, zart und melancholisch. Ihr Sinn erschließt sich oft erst auf den zweiten Blick, den man gerne tut, denn die Autorin schreibt Gedichte wie Rätsel.

Die Frau aus Bergisch Gladbach heißt Manisha Crump-Otten und ich kenne sie über vier Ecken. Dass sie Gedichte verfasst? Keine Ahnung, woher sollte ich das wissen? Für mich war sie die Nachbarin unserer ältesten Freunde. Zwei nette, aufgeweckte Kinder, ein Ehemann gehören zu Manisha Crump-Otten. Auf Partys standen wir nie beieinander. Mit den Kindern habe ich sicher mehr gesprochen, mehr als mit der Mutter, mit Manisha.

Irgendwann bekam ich eine Anfrage, ob ich nicht ein Buch rezensieren könnte, das Manisha am Herzen lag. Die Anfrage kam über Instagram und so wurde ich auf die Gedichte von mco1124 aufmerksam. Bis dahin wusste ich nicht, dass mco1124 die Nachbarin meiner Freunde war. Aus der Rezension wurde dann nichts, aber das ist eine andere Geschichte.

Manisha hat allen Grund, sauer auf mich zu sein. Ich bin doch ein unzuverlässiger Schreiber. Als sie mir die Erlaubnis gab, eines ihrer Gedichte auf meinem Blog zu veröffentlichen, wollte ich sofort starten und war voller Elan. Dann stolperte ich wieder über die zig Unwägbarkeiten, die das Leben so bereit hält. Genauso, wie ich über das Gedicht von Manisha gestolpert bin, dass ihr heute endlich auf meinem Blog findet. Sorry, liebe Manisha, dass es so lange gedauert hat.

Was gefällt mir an dem Gedicht „Findelgefühl“ von Manisha Crump-Otten?

Ein Findelgefühl – was für ein treffendes Wort für ein Gefühl, das man erst nicht wahrnimmt, es vielleicht verleugnet, verdrängt. Über das man tatsächlich stolpert, um im Stolpern zu spüren, dass dieses Gefühl bleibt, größer wird und seinen Teil im Leben beansprucht.

Als ich das Gedicht zum ersten Mal las, hat es mich angesprochen. Meine „Findelgefühle“, von denen ich eine Menge mein eigen nenne, meldeten sich. Das Gedicht verstrickte mich in ein Gedankenspiel über das Entstehen und Dasein von Gefühlen. Das macht für mich die leise Kraft dieses Gedichtes aus. Es eröffnet dem Leser Freiraum für eine Durchforstung der eigenen Gefühlswelten. Eine Einladung zum Nachdenken.

Liebe, Freundschaft, Trauer – was treibt Manisha Crump-Otten um? Das ahne ich nur. Ich werde sie fragen, wenn ich ihr beim nächsten Mal in Bergisch Gladbach vor die Füße stolpere. Bis dahin folge ich ihr weiter auf Instagram und freue mich, wenn es etwas von ihr zu lesen gibt.

 

 

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1 Kommentar zu „Findelgefühl“

  1. Manisha Crump-Otten

    Liebe Karin,
    ganz herzlichen Dank für Deine lieben Worte und den Platz hier auf Deinem Blog!
    Und sauer bin ich ganz sicher nicht – alles zu seiner Zeit.
    Liebe Grüße und bis bald – wo auch immer wir uns begegnen werden.
    Manisha

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